Der Werfthafen als Kompensationsfläche

Der Werfthafen Aktuell: 

Der ökologische Zustand des Werfthafens lässt sich aktuell als interessant beschreiben. Auch wenn das ökologische Potenzial der Fläche sicherlich noch nicht ausgeschöpft ist, gibt es schon spannende Voraussetzungen. Das zweigeteilte Areal hat eine vielbewegte Vergangenheit hinter sich. In dem südwestlich gelegenen Teil zwischen Vinckestraße und Blauer Grotte ist eher etwas Ruhe eingekehrt: Dort haben sich in den letzten 30 Jahren schon einige Arten mehr oder minder ungehindert und wild ansiedeln können. Dabei haben es sogar auch einige durch die vorhandenen Versiegelungen geschafft. Auf dem nordöstlichen Teil der Fläche waren noch bis vor einigen Jahren die letzten Gebäude vorhanden. Der noch nicht allzu fern zurückliegende Rückbau dieser Gebäude und die darauf folgende Freihaltung des Geländes von Vegetation haben einen anderen Charakter erzeugt. Man kann es also schon erahnen: Hier fühlen sich Spezialisten zu Hause. 

Diese möchten wir bei den künftigen Entwicklungen berücksichtigen und ihnen nicht durch vorschnelle Maßnahmen Schaden zuführen. Deshalb machen wir eine umfangreiche "Bestandsanalyse". Ein Experten-Team für unterschiedliche Pflanzen- und Tierarten sieht sich regelmäßig auf dem Gelände um und erfasst, was dort alles kreucht und fleucht. Nur wenn wir das wissen und die Bedürfnisse dieser Arten kennen, können wir sie auch bei Planungen und Realisierung in notwendigem Maße berücksichtigen. Das Beobachten und Erfassen ist übrigens nicht nur auf solch großen Flächen wichtig, um gezielt Vorgehen zu können, sondern empfiehlt sich auch im Garten. 

Die Biolog:innen und Ökolog:innen sind noch bis in den Spätsommer auf der Fläche unterwegs. Wir sind laufend mit ihnen in Absprache, um schon erste Erkenntnisse und Hinweise in unsere Planungen aufnehmen zu können.  

Außerdem nutzen wir die Zeit auch, um ein paar offene Fragen in Hinblick auf den Boden und die Sicherheit auf dem Gelände zu klären. All diese Vorbereitungen wollen wir im Laufen diesen Jahres abschließen, sodass wir 2025 erste größere Maßnahmen auf der Fläche durchführen können.  

Bis dahin werden wir uns auf der Fläche mit kleineren Tätigkeiten aktiv zeigen. So steht beispielsweise ein aktives Management der vorkommenden invasiven Arten (z.B. Japanischer Staudenknöterich), die sich also schnell breitmachen und anderen Arten das Leben schwermachen, für dieses Jahr auf der Maßnahmenliste. Ebenso steht eine Mahd des Offenlandes im Spätsommer und die Entfernung von einigem Müll, der sich über die Jahre angesammelt hat, an.

Der Werfthafen in Zukunft: 

Flächenspezifische Entwicklungsziele: 

Die standörtlichen Bedingungen im Untersuchungsgebiet weichen von den herkömmlichen und typischen Eigenschaften des Naturraums ab: Das Hafenbecken und die angrenzenden Bereiche wurden technisch ausgebaut. Darüber hinaus wurden steinige und sandige Materialien verwendet. Dies führte dazu, dass das Untersuchungsgebiet viel Potenzial für die Entwicklung „spezieller“ Lebensräume und Habitatbausteine aufweist. Durch verschiedene Renaturierungsmaßnahmen können sogenannte Sekundärbiotope hergestellt, entwickelt und erhalten werden.  

Bei diesen Biotopen handelt es sich um Ersatzlebensräume, in denen die standörtlichen Bedingungen ganz ähnlich zu den Lebensbedingungen im „ursprünglichen“ Lebensraum sind. Da es sich in der Regel um sehr spezielle Bedingungen handelt, befinden sich diese „ursprünglichen“ Lebensräume zumeist in einer Gefährdungssituation. Durch verschiedene Prozesse – z.B. Überdüngung oder Nutzungsänderung –werden sie immer seltener. Die Arten, die hier ihren eigentlichen Lebensraum finden, werden also auch in ihrem Fortbestand bedroht. Sie haben allerdings die Chance sich in Lebensräumen mit ähnlichen Bedingungen anzusiedeln und hier einen Ersatzlebensraum zu finden, der ihren Fortbestand sichern kann. Somit haben diese Sekundärbiotope eine wichtige Funktion im Naturschutz und somit für die Funktionsfähigkeit unseres Ökosystems. Brachflächen wie die des Werfthafens kommt daher eine potenziell wichtige Funktion zu. Für die Renaturierung und Kompensation gilt es, diese zu nutzen. Dementsprechend liegt der Fokus der Entwicklungsziele bei diesem Areal auf der Entwicklung der Ersatzlebensräume und nicht auf der Entwicklung von kulturlandschaftlichen Elementen und Primärbiotopen. 

Die bereits bekannten Vorkommen von Mauereidechse und Blauflügelige Ödlandschrecke sind bei der Formulierung von Entwicklungszielen und der weiteren Planung besonders zu beachten. 

Vorbereitende Maßnahmen 
  • Entfernung überschüssiger und ungenutzter Versiegelungen (Pflasterflächen, Asphalt/Beton) 

  • Entfernung von Müll (von der Bierflasche bis hin zum Faltanhänger)  

Erhalt und Entwicklung eines artenreichen Offenlandes 
  • Ersatzlebensräume durch Spontanbesiedlung zulassen und fördern

  • Ersatzlebensräume gezielt anlegen und entwickeln

  • Variierende standörtliche Bedingungen nutzen und kreieren

  • Variierende naturschutzfachliche Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen anwenden

  • Verschiedene Entwicklungsstadien fördern (lokal/temporär gelenkte Sukzession zulassen; lokal/temporär regressiv/verjüngend eingreifen),  

  • Aktives Management invasiver Neophyten. 

Anlage und Förderung, Entwicklung und Pflege von Kleingehölzen heimischer Arten (punktuelle, linienförmige und flächige Ausprägungen) 
  • zur Anreicherung der Struktur- und Habitatvielfalt (Schutz, Nahrung, Fortpflanzungs- und Ruhestätten), 

  • um die Vernetzung in der Landschaft zu fördern, 

  • zur Strukturierung / natürlichen Begrenzung und als Lärm- und Sichtschutz. 

Vorwälder/Pionierwälder fördern und erhalten 
  • (Fort-)Entwicklung von Pionierwäldern durch natürliche Sukzession lokal zulassen, 

  • Sukzessionsstadium dauerhaft erhalten und negativen Einfluss auf die benachbarten Biotoptypen und flächige Ausbreitung verhindern. 

Gewässerbetonte Lebensräume 

Durch die unterschiedlichen Geländeformen ergeben sich unterschiedliche Zielsetzungen je nach Lokalität.  

  • Anlage und Entwicklung temporärer Gewässer (Lachen und Tümpel), 

  • Verschattung sowie Nähr- und Schadstoffimmissionen dieser Standorte vermeiden,  

  • Regelmäßige Wasserzufuhr (vor allem während der Laichzeit) sicherstellen durch Zwischenspeicherung und gezielten Einsatz von aufgefangenem Regenwasser. 

Sonderbiotope 
  • Erhöhen der standörtlichen Vielfalt und gezielter Artenschutz durch Anlage von Sonderstandorten (z.B. Steinschüttungen, Reisig-/Totholzhecken), 

  • Erhalt und Optimierung vorhandener Sonderstandorte und Ausschöpfen von vorhandenen Potenzialen (z.B. offene Bodenstellen, exponierte Lagen),  

  • Fehlende Quartierstrukturen sowie Fortpflanzungs- und Ruhestätten (von Biotop- und Höhlenbaumbewohnern) durch das Fehlen von großdimensioniertem Totholz und Altbäumen durch gezieltes Ausbringen von künstlichen Niststätten und Fledermauskästen ausgleichen. 

Nutzungsarten 
  • Erarbeitung und Etablierung eines Betretungs- bzw. Nutzungskonzeptes, 

  • Beschilderung/Informationstafeln zur Umwelt- und Bewusstseinsbildung sowie zur Sensibilisierung der Besuchenden 

  • Bereitstellen von Informationen rund um den Entwicklungsstand und Allgemeines zur Fläche sowie Organisation von Informations- und Umweltbildungsveranstaltungen auf dem Areal. 

Die Fläche dient dem Schutz der Natur. Bitte tragen auch Sie durch verantwortungsbewusstes Handeln dazu bei, dieses Kleinod zu erhalten.